Wenn die Angst spricht ...
...dann habe ich auch etwas zu sagen!

Mein Sohn ist fünf Jahre alt. Vor ein paar Wochen waren wir auf einem besonders tollen Spielplatz mit einer großen Rutsche. Viele Kinder sind heruntergerutscht und mein Sohn wollte es auch unbedingt versuchen.
Er stand fast eine halbe Stunde vor dem Eingang, aber traute sich nicht herunter. Dann kam er absolut unglücklich und verzweifelt zu mir. Er wollte ja so gerne rutschen, die Angst aber ließ ihn nicht.
Ich tröstete ihn, sprach ihm Mut zu und so ging er noch mal hoch und versuchte es noch mal. Wieder nichts. Wieder stand er minutenlang da. Er war wirklich verzweifelt.
Ich wollte ihn nicht so enttäuscht aus dieser Situation gehen lassen, also ging ich als einzige Erwachsene nach oben. Da schaffte er es sogar, sich hinzusetzen, die Angst ließ ihn trotzdem nicht loszulassen. Hinter uns bildete sich ein riesiger Stau voller Kinder. Mein Sohn gab wieder auf. Das Letzte, was mir einfiel, war ihn zuzurufen:“ wer als Erster unten ist, gewinnt.“ Er liebt Gewinnspiele. Ich nahm also die Leiter und er rutschte herunter.
Das Gesicht, als er unten ankam, ist fast nicht zu beschreiben. Er war so glücklich. Die Angst war besiegt und die Freude in voller Wucht da. Er rutschte dann natürlich weiter wie verrückt.
Ein paar Tage später wollte ich abends weg. Das ist für ihn die nächste Herausforderung. Er war als Baby fast drei Monate ohne mich im Krankenhaus, darum hat er abends ohne seine Mama immer ganz große Angst. Mit dem Papa schafft er es bereits einzuschlafen, mit der Oma noch nicht.
Er wusste, ich werde gehen und er wird mit der Oma einschlafen. Er war einverstanden. Als dann der Moment kam, bekam er wieder große Angst, er wird dann fast panisch.
Ich nahm ihn in die Arme und fragte ihn, ob er sich an die Situation mit der Rutsche erinnern kann und welche Angst er damals hatte. Er sagte natürlich ja. Die Angst sagte ihn, es ist keine gute Idee herunterzurutschen. Aber hatte die Angst recht? Ist irgendetwas passiert? Nein, es war das beste Erlebnis des Tages und eine ganz große Freude. Wenn er an die Angst gehört hätte, hätte er wirklich was verpasst.
Was, wenn die Angst auch jetzt nicht recht hat? Was, wenn mit Oma einschlafen ein ganz besonderes Erlebnis ist, weil er länger aufbleiben kann und die Oma drei Märchen statt nur eine vorliest? Ich sagte: „er muss der Angst nicht alles glauben.“
Er beschloss der Angst nicht zu glauben, beruhigte sich wirklich und schlief mit der Oma ein.
Als ich heute im Auto saß, packte auch mich eine Welle der Zukunftsangst.
Sie schickte mir laute „WAS, WENN“-GEDANKEN. Mein Körper wurde unruhig, geriet unter Stress. Das kurbelte die Gedanken noch mehr an und schon saß ich in einem Gedankenkarussell und drehte eine Runde nach der anderen. In dieser Situation erscheint alles so möglich und so real. Es könnte wirklich sein, dass ….
Und da musste ich an meinen Sohn denken und schmunzeln.
Stimmt, ich habe ja eine Wahl! Ich muss diese Gedanken gar nicht glauben. Es könnte ja sein, muss aber nicht …
Wir müssen nicht alles glauben, was wir denken.
Gedanken sind nur Angebote des Verstandes. Wir haben eine Wahl, sie anzunehmen oder es zu lassen. Ist das nicht wunderbar?
Fühlst du, dass du eine Wahl hast?


